Ein Wohngebiet mitten in Dortmund, eine Hofeinfahrt mit großem braunen Tor, ein unscheinbarer, enger Hauseingang ─ es wird schon langsam dunkel, wir wissen nicht, ob wir wirklich richtig sind an diesem Ort, um Dr.-Ing. Jan Blömer vom Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT und sein Projekt SLS-ASSIST kennen zu lernen. Auch die Türschilder verraten uns nicht genau, ob das Navigationsgerät gewusst hat, wo es langgeht, aber DEZENTRALE ─ gemeinschaftslabor für zukunftsfragen hört sich sehr nach Tüftelei an.

Die DEZENTRALE – das Zuhause von SLS-ASSIST. Foto: HelpCamps
Auf gehts zum Projekt SLS-ASSIST! Foto: HelpCamps
Ein Tüftlerparadies – da, wo man es zunächst überhaupt nicht erwartet. Foto: HelpCamps
Bettina Klare erzählt uns, was sie im Projekt SLS-ASSIST bisher entwickelt hat. Foto: HelpCamps

Nach einem kurzen Surren an der Türklingel geht es weiter durch den engen, unscheinbaren Hauseingang in den Hinterhof. Spätestens jetzt wissen wir mit Sicherheit: wir sind an einem Ort, an dem sich Bastler, Wissenschaftler sowie Visionäre aus Dortmund und Umgebung voll austoben können. In der DEZENTRALE, einem kleinen Anbau des Wohnhauses, gibt es neben einem FabLab ein BioLab zur Erforschung von Wachstumsprozessen von Bakterien, Schleimpilzen und Algen für die Werkstoffproduktion und ein e:Lab, ein Diskussionsraum für dezentrale Energieversorgung und urbane Mobilität in Dortmund.

Ob Fused-Deposition-Modeling (FDM), Stereolithografie (SLA),  Selektives Lasersintern (SLS) oder Lasercutting, alle, die beim Projekt SLS-ASSIST mitmachen, um ihr eigenes technisches Hilfsmittel zu entwickeln, können experimentieren, so viel sie wollen. Natürlich dürfen da ein 3D-Scanner, ein Extruder und ein Polisher auch nicht fehlen.

Nachdem Bettina Klare Dr.-Ing. Jan Blömer und seinem Team genau erklärt hat, welche Art von Hilfsmittel sie braucht, geht es los mit dem Handscan. Foto: Bettina Klare
Der Handscan auf dem Computerbildschirm. Foto: Bettina Klare
Nun wird die Schiene Schritt für Schritt digital entwickelt. Foto: Bettina Klare

Genau so begeistert von den technischen Möglichkeiten wie wir ist Bettina Klare. Sie hat von ihrem Rheumatologen den Tipp bekommen, beim Projekt SLS-ASSIST mitzumachen und das FabLab zu nutzen, um sich ihre ganz individuelle Handschiene anzufertigen. Die Grafikdesignerin, IT-Trainerin und Bloggerin möchte sich nämlich vom Rheuma in ihren Hand- und Fingergelenken den Spaß an allem, was mit Software und Computern zu tun hat, nicht verderben lassen. „Diese Schienen aus dem Orthopädie-Fachhandel haben für mich irgendwie nicht gepasst. Sie haben meine Finger und Gelenke zwar stabilisiert, mich aber gleichzeitig viel zu sehr beim Tippen eingeschränkt. Mein Arzt wusste irgendwann auch nicht mehr weiter und meinte dann: >Geh doch mal da hin, die können dir bestimmt helfen<. Also bin ich hier her gekommen und mache jetzt bei dem Projekt mit.“

Die Befestigung wird testweise am Schienen-Protoyp angebracht. Foto: HelpCamps
Ein paar kleinere Anpassungen möchte Bettina noch vornehmen. Foto: HelpCamps
Dr.-Ing. Jan Blömer schaut genau, wie die Schiene am Handegelenk sitzt. Foto: HelpCamps
Der letzte Feinschliff am Schienen-Prototyp mit dem Heißluftföhn. Foto: HelpCamps

Die wichtigsten Fragen zu Beginn: Was muss die Schiene können und welches Material verwenden wir dazu am besten? Sie muss leicht sein, aber stabil, und ein unauffälliges Design wäre auch nicht schlecht. Gesagt, getan, los ging es mit dem 3D-Scan der Hand. Bereits beim zweiten Termin erfolgte die erste Anpassung und nach einigen Adaptionen konnte Bettina gestern den Prototypen ihrer Schiene zum Probetragen mit nach Hause nehmen. Wenn sie das nächste mal beim Projekttreffen vorbeischaut, wird die Schiene noch gepolstert und sie bekommt richtige Verschlüsse ─ fertig!

Der Prototyp der Handschiene ist fertig! Foto: HelpCamps
Der Prototyp der Handschiene ist fertig! Foto: HelpCamps

In einer schmalen Vitrine mitten im FabLab kann man noch andere 3D-Druck-Teile bestaunen, die bereits gefertigt wurden, zum Beispiel Stiftehalter oder Spielzeug. Dann geht es weiter ins BioLab. Hier dreht sich momentan alles um die Entwicklung von Kunstleder aus Kombucha-Pilzen, farbige Bakterien und einen neuen Baustoff aus Pilzgeflecht.

Wir sind sehr gespannt, wie es mit Bettinas Handschiene sowie den anderen Produktansätzen weitergeht und freuen uns, SLS-ASSIST in der DEZENTRALE als Netzwerkpartner aufzunehmen!

Die 3D-Drucker laufen für jeden Projektteilnehmer auf Hochtouren. Foto: HelpCamps
Das BioLab der DEZENTRALE – klein, aber fein! Foto: HelpCamps
Benedikt von Kampen zeigt uns stolz die Ergebnisse aus dem BioLab. Foto: HelpCamps
Farbige Bakterien machen Spaß! Foto: HelpCamps
Kunstleder aus dem Kombucha-Pilz – ein vielversprechender Forschungsansatz. Foto: HelpCamps
Baustoffe aus Pilzgeflechten sind ein weiterer Forschungsbereich des BioLab. Foto: HelpCamps