„Der Mann da, das ist mein Opa“, sagt Prof. Dr. Karsten Nebe, der Leiter des FabLab Kamp-Lintfort, und zeigt auf ein schwarz-weiß Foto an der Leinwand. „Wenn mich jemand fragt ‚Was ist ein Maker?‘, dann fällt mir sofort mein Opa ein. Der hat mir alles beigebracht und immer einfach gemacht.“
Spätestens jetzt wissen alle Besucherinnen und Besucher des Innovationsforum HelpCamps, worum es in den nächsten beiden Tagen geht: Den Mut haben, einfach mal zu machen und dabei immer wieder von Anderen zu lernen. Auf den über 600 m² des FabLab Kamp-Lintfort ist das gar nicht schwer. Beim Anblick der vielen verschiedenen 3D-Drucker, Fräsmaschinen, Computer und Werkzeuge kribbelt es einem in den Fingern, endlich kreativ zu werden und eigene Ideen umzusetzen.
Wo sind die Grenzen, wenn ich ‚Einfach mal mache‘? Wie weit kann ich gehen?
Bevor es ins FabLab geht, zeigt Dr. Christina Czeschik mit ihrem Vortrag zu „Cyborgs & Patient Empowerment“, dass es egal ist, wie verrückt diese Idee auch sein mag ─ es wird immer jemanden geben, der noch verrücktere Pläne hat. Die Ärztin für Medizinische Informatik berichtet eindrucksvoll davon, wie Wissenschaftler sich Mini-Computer in den Schädel implantieren lassen, um mit Hilfe von Technologie Sehstörungen zu beheben und dass manche Patienten, die sich zugleich als Maker sehen, am Medizinrecht scheitern ─ beispielsweise, wenn es darum geht, das eigene Cochlea-Implantat oder einen Herzschrittmacher zu modifizieren.
Die Besucherinnen und Besucher des Innovationsforum HelpCamps lauschen gebannt den Vorträgen. Foto: HelpCamps
Es hinterlässt schon ein etwas mulmiges Gefühl, so direkt zu erfahren, wie schnell und einfach man mit dem nötigen Wissen und der richtigen Technologie den menschlichen Körper beeinflussen kann ─ aber das Team des inklusiven Makerspaces SELFMADE in Dortmund wischt diese Zweifel schnell beiseite mit einigen Beispielen, wie der 3D-Druck den Mitarbeitern des Büros für unterstützte Kommunikation den Arbeitsalltag erleichtert. Vielversprechend sind auch die Pläne des Teams, für andere Makerspaces und FabLabs zukünftig ein Vorbild zu sein in Sachen Barrierefreiheit.
Konzipieren – fertigen – testen – verwerfen ─ und wieder von vorn
Spätestens als Nils Beinke von Makers Help Care seinen „Knopf für alles“, einen elektronischen Taster aus dem 3D-Drucker präsentiert, indem er ein Spielzeughuhn auf knopfdruck singen, gackern und sogar ein Ei legen lässt, ist die Stimmung ausgelassen. Die Anwesenden können es kaum erwarten, in den folgenden Workshops selbst aktiv zu werden.
Es dauert nicht lange, bis die Luft im FabLab nach Lötzinn riecht, die ersten 3D-Drucker surren und man immer wieder leise Flüche gefolgt von lauten Jubelrufen hört. Nach knapp zwei Stunden Tüftelei funktionieren die selbstgebauten Taster und schicken einen Plüschhund durch das FabLab. Auch das Huhn schlägt wieder mit den Flügeln.
Beim Open°Lights Bau Workshop von be able e.V. blinken die LED-Leisten für den Rollator oder Rollstuhl endlich in allen Farben des Regenbogens, nachdem die Kabelverbindungen auf der schmalen Platine einige Male neu verlötet werden mussten. Bei den beiden Workshops zu 3D-Scanning und 3D-Modelling sitzen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit einem Grinsen im Gesicht am Tisch. Geschafft! Wir sind definitiv gewappnet für den Hackathon.
So viele Herausforderungen ─ so viele Lösungen!
Studentin Aida, Cinderella Glücklich und Prof. Dr. William M Megill diskutieren fieberhaft über eine Lösung für ein platzsparendes und barrierefrei zugängliches Küchenregal, dabei fliegen die Filzstifte übers Papier. Es entsteht eine Skizze nach der anderen. Vorbild ihrer Überlegungen für barrierefreies Kochen ist das „London Eye“, das imposante Riesenrad der englischen Großstadt mit seinen dunkelblauen Gondeln. Der Mechanismus ist gut, aber eine runde Konstruktion nimmt eindeutig zu viel Platz ein. Die Lösung bringt ein Paternoster. Das Team hängt also viele Körbe an eine oval rotierende Kette oder ein Band, das man mit einer Kurbel oder auf Knopfdruck aktivieren kann, und schon fahren Teller, Besteck und Gläser auf Augenhöhe vorbei. Das, was man gerade braucht, kann man dann aus dem entsprechenden Korb herausnehmen oder man lässt die Konstruktion noch eine „Gondel“ weiter fahren.
Die Open°Lights, LED-Lichter für den Rollstuhl oder Rollator, leuchten in vielen Farben. Foto: HelpCamps
Nils Beinke vertritt das HelpCamps-Entwicklungsteam „Zocken mit Behinderung“ und gibt der Halterung für eine Augensteuerung im 3D-Konstruktionsprogramm den letzten Schliff, bevor er den Auftrag an einen der 3D-Drucker im FabLab schickt. Wie wird das Resultat wohl aussehen? Wir werden es an Tag 2 des Innovationsforum HelpCamps erfahren. Bis der Drucker fertig ist, schließt sich Nils der Gruppe an, die eine barrierefreie Online-Plattform entwickelt, auf der sich Maker und Menschen mit Beeinträchtigung in Zukunft vernetzen können. Auch hier entsteht eine Skizze nach der anderen, man beratschlagt, wie Maker und Mensch mit Beeinträchtigung sich am besten finden sollen. Es wirkt, als wollten die Beteiligten den großen Online-Dating-Plattformen den Kampf ansagen.
Das Team „Handprothese to go“ ist ebenfalls nicht zu bremsen. Es ist fast wie bei einer Modenschau, denn Teilnehmerin Chantal sitzt auf einem Stuhl, hebt die Arme und Lars Thalmann von e-NABLE Germany e.V. sowie Amélie Cayré von be able e.V. wuseln geschäftig um sie herum ─ allerdings nicht mit Glätteisen und Haarspray, sondern mit einem 3D-Scanner und einem Zollstock. Chantals Armstümpfe werden vermessen und genau begutachtet, um eine passende Prothese für sie zu fertigen.
Wäre da nicht die Müdigkeit gewesen (und der Hausmeister des Hochschulcampus, der auch mal ins Bett wollte), die einzelnen Teams hätten sicherlich bis in die frühen Morgenstunden weiter an ihren Plänen gearbeitet. So klang der erste Tag auf dem Campus nach getaner Arbeit mit Pizza und Getränken aus und auf dem Heimweg wurden die ersten Aufgaben für Teil 2 des Hackathons auf dem Innovationsforum HelpCamps verteilt.
Hosen runter für die Hand to go 2.0!
Mission: Hand to go 2.0!
Das haben sich Student*innen und Professoren von der Hochschule Rhein-Waal vor kurzem gesagt. Zusammen mit Maker Lars Thalmann von e-NABLE Germany entwickelten sie den Prototypen der Hand to go beim 3. Accessathon weiter.
Leichteres Design, weitere Funktionen, unkonventionelle Messungen
Für Chantal wäre es nicht nur praktisch, wenn sie sich mit ihrer Hand to go die Hose hoch- und runter ziehen oder ein T-Shirt selbst anziehen könnte. Die Möglichkeit, sich abzustützen, wäre auch noch hilfreich. Also ging es nun zum einen darum, die Hand to go sehr viel leichter zu machen als bisher, und zum anderen musste das Ellenbogengelenk neu ausgerichtet werden, sodass Chantal die Hand ein- und ausklapppen kann. Aber wie sollte das Gelenk gebaut sein, damit die Hand ihre zusätzliche Funktion erfüllen kann? Welches Gewicht muss sie tatsächlich halten, wenn man an einer Hose zieht?
Neue Wege gehen für eine individuelle Armprothese – Hand to go 2.0
Um das herauszufinden, half nur ein ungewöhnlicher Praxistest: einen Tag lang hieß es im FabLab Kamp-Lintfort „Hose runter für die Hand to go!“ Mithilfe von sogenannten Zugmess-Dosen konnte das Team ablesen, welche Kräfte wirkten, während sich die Anwesenden immer wieder die Hose hoch und runter zogen. Anschließend simulierte ein Holzstück den Unterarm von Chantal, um die optimale Länge der Hand to go zu bestimmen und einen Arm-Adapter herzustellen. Außerdem wure ein neues Ellenbogengelenk gedruckt. Zu guter letzt ging es um die Frage, wie man die fertige Hand to go am besten an Chantals Körper befestigen kann. Lars Thalmann, der Spezialist für mechanische Hände im Team, erklärt: „Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass noch viel gemacht werden muss.“ – aber dass Chantal in Zukunft viel unabhängiger sein wird, steht jetzt schon außer Frage.
Was machen eigentlich die HelpCamps-Entwicklungsteams?
Was machen eigentlich die HelpCamps-Entwicklungsteams einige Wochen nach dem Innovationsforum HelpCamps? Eine ganze Menge! Hier eine Übersicht über die neusten Aktivitäten für alle Interessierten.
Das Team „MatchMyMaker“ ist mit seiner Idee zu einer inklusiven Online-Plattform für Maker und Menschen mit Beeinträchtigung durchgestartet bei der Google Impact Challenge 2018 − wie genau sich die Plattform in der Zwischenzeit entwickelt hat und wie es bei der Google Impact Challenge für das Team weitergeht, erfahrt ihr hier.
Zocken mit Behinderung wird bald für Dennis Wienkens noch barrierefreier. Das HelpCamps-Entwicklungsteam hat mittlerweile den ersten Prototypen einer Halterung am Elektrorollstuhl für die Computer-Augensteuerung TobiiEye gebaut und Kontakt aufgenommen zu EA_Accessible, einer Abteilung des internationalen Spieleherstellers, die Gaming für Alle möglich machen möchte. Funktioniert der Prototyp der Halterung? Erfahrt es hier zuerst.
Die Hand to go ist nicht einfach nur ein praktisches Hilfsmittel, sondern der Hingucker in Messinggold. Dabei befindet sie sich noch im Prototypen-Status! Alles zum praktischen Hilfsmittel-Accessoire teilt das HelpCamps-Entwicklungsteam auf dieser Seite.
Auf dem HelpCamps-Hackathon während des Innovationsforum HelpCamps wurde nicht nur an Ideen gearbeitet, die man bereits gesammelt hatte − auch spontane Einfälle waren wichtig. Zum Beispiel der, eine mechanische Halterung für Gehstöcke und individuell geformte Griffe zu entwickeln. Hier seht ihr, wie innerhalb weniger Stunden aus einer spontanen Idee mehr Hilfsmittel-Komfort wurde.
Kochen mit Behinderung ist manchmal gar nicht so einfach − und gefährlich! Das muss nicht sein, sagen sich die Mitglieder dieses HelpCamps-Entwicklungsteams. Sie arbeiten an einem theoretischen Konzept, wie man eine Küche und das Kochen nicht nur barrierefreier, sondern auch sicherer gestalten kann. Alle Informationen zum aktuellen Stand gibt es hier.
Die Welt ein bisschen besser machen mit DIY-Hilfsmitteln ─ Tag 2 des Innovationsforum HelpCamps
Alle, die sich an Tag 2 des Innovationsforum HelpCamps im FabLab Kamp-Lintfort einfinden, sind ein wenig müde. Der Hackathon zu DIY-Hilfsmitteln war lang, die Eindrücke im FabLab Kamp-Lintfort intensiv. Aber der Motivation hat das zum Glück nicht geschadet.
Philipp Gröll (Hochschule Rhein-Waal) und seine Kommilitonen demonstrieren, wie die Beta-Version ihrer Bildbeschreibungs-App funktioniert. Foto: HelpCamps
Am Vormittag finden die Fortsetzung des Hackathons und weitere Workshops parallel statt. Zum Thema „The power of software, AI and the rise of cognitive computing“ entwickeln einige Teilnehmer eine Browsererweiterung für blinde und sehbehinderte Menschen. Die Applikation soll Bilder auf Webseiten automatisch erkennen, die Motive analysieren und deren Inhalt beschreiben. Bisher überspringen sogenannte Screenreader für blinde und sehbehinderte Menschen Bilder auf Webseiten einfach oder die Geräte erkennen Bilder nur, wenn der Autor der Webseite einen Alternativtext als Bildbeschreibung angegeben hat. Das ist leider selten der Fall und so entgeht dem Nutzer oder der Nutzerin meist das volle Lesevergnügen beim Betrachten einer Webseite. Dieses Problem gehört höchstwahrscheinlich bald der Vergangenheit an, denn am Ende des Hackathons führt das Entwicklungsteam die Beta-Version seiner Sprachsoftware vor. Es ist ein selbstlernendes Open Source-System, das heißt, es wird nicht nur mit jedem Bild, das es virtuell betrachtet, genauer in seinen Beschreibungen, sondern es kann auch durch Eingaben von sehenden Webseitenbesuchern lernen.
Beim Workshop „Orthese für die Erste Hilfe“ zeigt Adriana Cabrera, wissenschaftliche Mitarbeiterin im FabLab Kamp-Lintfort und Maker durch und durch, wie sie ihre DIY-Handprothese „MyOrthotics“ gefertigt hat und jede/r ihrem Beispiel folgen kann.
Eine ordentliche Stärkung zwischen den Workshops und Vorträgen durfte natürlich nicht fehlen. Foto: HelpCamps
Nach einer Stärkung am Buffet geht es beim Innovationsforum HelpCamps weiter mit verschiedenen Vorträgen. Daniel Bolt von Die Schuhleister aus Köln schildert, wie 3D-Druck die Schuhherstellung viel schneller und vor allem individueller werden lässt, im Gespräch mit den Teilnehmenden stellt sich aber heraus: das Medizinrecht macht es derzeit noch kompliziert, diesen Service auch für Menschen anzubieten, die orthopädische Schuhe benötigen.
Adriana Cabrera und das Accessathon-Team der Hochschule Rhein-Waal zeigen, wie das FabLab, die Tatkraft der Studierenden und das offene Miteinander am Hochschulcampus jeden Tag einen Beitrag zu mehr Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Beeinträchtigung leisten.
Making, Miteinander, Füreinander ─ Adriana Cabrera macht deutlich, wie die Aktivitäten an der Hochschule Rhein-Waal und im 3D-Kompetenzzentrum Niederrhein zu mehr Inklusion beitragen. Foto: HelpCamps
Nicht nur auf dem Hochschulcampus, sondern auch darüber hinaus. Durch die bisherigen Accessathons wurden auf dem gesamten Hochschulgelände zum Beispiel Leitmarken für blinde und sehbehinderte Menschen angebracht, Türschilder sind sowohl in Schwarzschrift als auch in Brailleschrift lesbar und in einigen Gebäuden wurden Türen in gut sichtbaren Signalfarben gestrichen, damit sie leichter unterschieden werden können. Einige Studentinnen sind auf der Suche nach Möglichkeiten, wie man Hausnotruf-Systeme in Kleidung integrieren kann, damit sie zukünftig als Schmuck getragen werden können, statt ein Pflegehilfsmittel zu sein, das meist ungern getragen wird.
Emscher Lippe Hoch 4 zeigt die Produktionsstätte der Zukunft und soll mehr Teilhabe und Selbstbestimmung in der Arbeitswelt schaffen, beschreibt Lukas Hellwig vom Institut für Informatik an der Hochschule Ruhr West. Foto: HelpCamps
Mehr Barrierefreiheit, Teilhabe und Selbstbestimmung durch Digitalisierung ist auch das Ziel von Emscher-Lippe4 . Hier soll eine intelligente Produktionsstätte demonstrieren, wie individuelle Hilfsmittel, Assistenzsysteme und innovative Produkte hergestellt werden können, um die Teilhabe in Arbeitswelt und Gesellschaft zu erhalten und auszubauen.
Wie weit Making noch gehen kann, verdeutlicht Jan Thar von der RWTH Aachen mit seiner Präsentation zum HaptiVest DIY-Orientierungssystem und seinen weiteren Maker-Aktivitäten ─
Jan und sein Team finden in scheinbar jeder Alltagssituation eine Möglichkeit, 3D-Druck und Tüftlerleidenschaft miteinander zu verbinden.
Da bleibt der ein oder andere Lacher im Publikum nicht aus.
Nils Beinke liegt die Maker-Leidenschaft im Blut. Innerhalb kurzer Zeit wurde aus dem Förderschullehrer ein Maker mit Mission. Foto: HelpCamps
Anschließend geht es mit Leidenschaft weiter, denn Nils Beinke beschreibt in seinem unterhaltsamen Vortrag, wie er innerhalb kurzer Zeit vom Förderschullehrer zum Hilfsmittel-Maker wurde. Er ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie Maker sein das Leben von anderen Menschen verbessern kann.
Beim Get-together zum Abschluss des Innovationsforum HelpCamps 2018 sind sich alle einig, dass sie diese Leidenschaft mitnehmen möchten, um in den Entwicklungsteams weiterzuarbeiten und auch die noch offenen Entwicklungsideen anzugehen.
HelpCamps geht weiter und man sieht sich spätestens beim Innovationsforum 2019!
Von Cyborgs, Kraken und gackernden Hühnern ─ So war Tag 1 des Innovationsforum HelpCamps
„Der Mann da, das ist mein Opa“, sagt Prof. Dr. Karsten Nebe, der Leiter des FabLab Kamp-Lintfort, und zeigt auf ein schwarz-weiß Foto an der Leinwand. „Wenn mich jemand fragt ‚Was ist ein Maker?‘, dann fällt mir sofort mein Opa ein. Der hat mir alles beigebracht und immer einfach gemacht.“
Spätestens jetzt wissen alle Besucherinnen und Besucher des Innovationsforum HelpCamps, worum es in den nächsten beiden Tagen geht: Den Mut haben, einfach mal zu machen und dabei immer wieder von Anderen zu lernen. Auf den über 600 m² des FabLab Kamp-Lintfort ist das gar nicht schwer. Beim Anblick der vielen verschiedenen 3D-Drucker, Fräsmaschinen, Computer und Werkzeuge kribbelt es einem in den Fingern, endlich kreativ zu werden und eigene Ideen umzusetzen.
Wo sind die Grenzen, wenn ich ‚Einfach mal mache‘? Wie weit kann ich gehen?
Bevor es ins FabLab geht, zeigt Dr. Christina Czeschik mit ihrem Vortrag zu „Cyborgs & Patient Empowerment“, dass es egal ist, wie verrückt diese Idee auch sein mag ─ es wird immer jemanden geben, der noch verrücktere Pläne hat. Die Ärztin für Medizinische Informatik berichtet eindrucksvoll davon, wie Wissenschaftler sich Mini-Computer in den Schädel implantieren lassen, um mit Hilfe von Technologie Sehstörungen zu beheben und dass manche Patienten, die sich zugleich als Maker sehen, am Medizinrecht scheitern ─ beispielsweise, wenn es darum geht, das eigene Cochlea-Implantat oder einen Herzschrittmacher zu modifizieren.
Die Besucherinnen und Besucher des Innovationsforum HelpCamps lauschen gebannt den Vorträgen. Foto: HelpCamps
Es hinterlässt schon ein etwas mulmiges Gefühl, so direkt zu erfahren, wie schnell und einfach man mit dem nötigen Wissen und der richtigen Technologie den menschlichen Körper beeinflussen kann ─ aber das Team des inklusiven Makerspaces SELFMADE in Dortmund wischt diese Zweifel schnell beiseite mit einigen Beispielen, wie der 3D-Druck den Mitarbeitern des Büros für unterstützte Kommunikation den Arbeitsalltag erleichtert. Vielversprechend sind auch die Pläne des Teams, für andere Makerspaces und FabLabs zukünftig ein Vorbild zu sein in Sachen Barrierefreiheit.
Konzipieren – fertigen – testen – verwerfen ─ und wieder von vorn
Spätestens als Nils Beinke von Makers Help Care seinen „Knopf für alles“, einen elektronischen Taster aus dem 3D-Drucker präsentiert, indem er ein Spielzeughuhn auf knopfdruck singen, gackern und sogar ein Ei legen lässt, ist die Stimmung ausgelassen. Die Anwesenden können es kaum erwarten, in den folgenden Workshops selbst aktiv zu werden.
Es dauert nicht lange, bis die Luft im FabLab nach Lötzinn riecht, die ersten 3D-Drucker surren und man immer wieder leise Flüche gefolgt von lauten Jubelrufen hört. Nach knapp zwei Stunden Tüftelei funktionieren die selbstgebauten Taster und schicken einen Plüschhund durch das FabLab. Auch das Huhn schlägt wieder mit den Flügeln.
Beim Open°Lights Bau Workshop von be able e.V. blinken die LED-Leisten für den Rollator oder Rollstuhl endlich in allen Farben des Regenbogens, nachdem die Kabelverbindungen auf der schmalen Platine einige Male neu verlötet werden mussten. Bei den beiden Workshops zu 3D-Scanning und 3D-Modelling sitzen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit einem Grinsen im Gesicht am Tisch. Geschafft! Wir sind definitiv gewappnet für den Hackathon.
So viele Herausforderungen ─ so viele Lösungen!
Studentin Aida, Cinderella Glücklich und Prof. Dr. William M Megill diskutieren fieberhaft über eine Lösung für ein platzsparendes und barrierefrei zugängliches Küchenregal, dabei fliegen die Filzstifte übers Papier. Es entsteht eine Skizze nach der anderen. Vorbild ihrer Überlegungen für barrierefreies Kochen ist das „London Eye“, das imposante Riesenrad der englischen Großstadt mit seinen dunkelblauen Gondeln. Der Mechanismus ist gut, aber eine runde Konstruktion nimmt eindeutig zu viel Platz ein. Die Lösung bringt ein Paternoster. Das Team hängt also viele Körbe an eine oval rotierende Kette oder ein Band, das man mit einer Kurbel oder auf Knopfdruck aktivieren kann, und schon fahren Teller, Besteck und Gläser auf Augenhöhe vorbei. Das, was man gerade braucht, kann man dann aus dem entsprechenden Korb herausnehmen oder man lässt die Konstruktion noch eine „Gondel“ weiter fahren.
Die Open°Lights, LED-Lichter für den Rollstuhl oder Rollator, leuchten in vielen Farben. Foto: HelpCamps
Nils Beinke vertritt das HelpCamps-Entwicklungsteam „Zocken mit Behinderung“ und gibt der Halterung für eine Augensteuerung im 3D-Konstruktionsprogramm den letzten Schliff, bevor er den Auftrag an einen der 3D-Drucker im FabLab schickt. Wie wird das Resultat wohl aussehen? Wir werden es an Tag 2 des Innovationsforum HelpCamps erfahren. Bis der Drucker fertig ist, schließt sich Nils der Gruppe an, die eine barrierefreie Online-Plattform entwickelt, auf der sich Maker und Menschen mit Beeinträchtigung in Zukunft vernetzen können. Auch hier entsteht eine Skizze nach der anderen, man beratschlagt, wie Maker und Mensch mit Beeinträchtigung sich am besten finden sollen. Es wirkt, als wollten die Beteiligten den großen Online-Dating-Plattformen den Kampf ansagen.
Das Team „Handprothese to go“ ist ebenfalls nicht zu bremsen. Es ist fast wie bei einer Modenschau, denn Teilnehmerin Chantal sitzt auf einem Stuhl, hebt die Arme und Lars Thalmann von e-NABLE Germany e.V. sowie Amélie Cayré von be able e.V. wuseln geschäftig um sie herum ─ allerdings nicht mit Glätteisen und Haarspray, sondern mit einem 3D-Scanner und einem Zollstock. Chantals Armstümpfe werden vermessen und genau begutachtet, um eine passende Prothese für sie zu fertigen.
Wäre da nicht die Müdigkeit gewesen (und der Hausmeister des Hochschulcampus, der auch mal ins Bett wollte), die einzelnen Teams hätten sicherlich bis in die frühen Morgenstunden weiter an ihren Plänen gearbeitet. So klang der erste Tag auf dem Campus nach getaner Arbeit mit Pizza und Getränken aus und auf dem Heimweg wurden die ersten Aufgaben für Teil 2 des Hackathons auf dem Innovationsforum HelpCamps verteilt.
t -12 Tage ─ so sieht’s aus bei einigen HelpCamps-Entwicklungsteams
Noch 12 Tage bis zum Innovationsforum HelpCamps im FabLab Kamp-Lintfort ─ höchste Zeit also, sich anzumelden! Aber was genau erwartet die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eigentlich? Ein ausführliches Programm mit allen Vorträgen und Workshops gibt es auf der HelpCamps-Homepage und hier folgt ein Einblick in die Arbeit einiger HelpCamps-Entwicklungsteams.
Entwicklungsteam 1: Barrierefreie Webseite zur Vernetzung von Maker-Projekten zum Thema Hilfsmittel
Oder auch: die Senkrechtstarter. Direkt nach dem HelpCamp im Dezember 2017 an der Bundesfachschule für Orthopädie-Technik wurde zwischen Berlin, Düssedorf und Paderborn telefoniert, gedacht, gemacht und innerhalb weniger Tage ein Konzept für ein barrierefreies Online-Portal auf die Beine gestellt, auf dem sich zukünftig Maker und Menschen mit Beeinträchtigung per Mausklick vernetzen können. Mit dem Ergebnis seiner bisherigen Arbeit hat sich das Team bei der Google Impact Challenge Deutschland 2018 beworben ─ ob es zu den Finalistinnen und Finalisten gehört, wird am 18. Mai bekannt gegeben. Auf dem HelpCamps Innovationsforum werden einige Entwicklerinnen und Entwickler der barrierefreien Online-Plattform einen Workshop veranstalten, bei dem alle Interessierten sie mitgestalten können. Also: vorbeikommen, mitmachen, Daumen drücken!
Entwicklungsteam 6: Zocken mit Behinderung
Drei Männer, ein Ziel: Wir bauen eine Quadstick-Halterung an Dennis Winkens‚ Rollstuhl und eine Befestigung für die Blickerfassung noch dazu. Dieses Entwicklungsteam fühlte sich bisher in einer Facebook-Gruppe und mit einem 3D-Konstruktionsprogrammen ganz wohl. So sind einige Ideen auf dem virtuellen Papier entstanden, die beim Hackathon in Kamp-Lintfort mit den Experten aus dem FabLab zu Prototypen werden sollen. Einem barrierefreien Gaming-Nachmittag mit Dennis steht also fast nichts mehr im Weg!
Entwicklungsteam 7: Ein schwenkbarer Taschenhalter für den Rollstuhl
Wenn man eine Idee hat, dann schreibt man sie meistens auf, schläft eine Nacht darüber ─ und steckt das Blatt Papier danach ganz hinten in die Schreibtischschublade, weil man merkt: es ist noch nicht so weit. Bis jetzt! Denn Torsten Ude war beim HelpCamp und hat seitdem fleißig weitergetüftelt an seiner Idee für einen schwenkbaren Taschenhalter am Rollstuhl. Beim Hackathon soll nun eine CAD-Zeichnung und vielleicht sogar ein erster Prototyp gefertigt werden.
Entwicklungsteam 10: Kochen mit Behinderung ─ sicher und inklusiv
Von der Idee zum Konzept und vom Konzept zum Projekt ─ dieses Entwicklungsteam begann mit einer spontanen Idee während der HelpCamp-Session zum Einhand-Kochbuch auf dem HelpCamp. Die kleine, aber feine Runde dachte sich: Beim Kochen mit Behinderung gibt es noch viel mehr Schwierigkeiten als Zutaten verarbeiten, wenn die Hände nicht so wollen wie der Kopf ─ also überlegen wir uns ein Konzept, wie man diese Schwierigkeiten lösen kann und suchen anschließend Unternehmer, die es mit uns umsetzen. Wir machen Kochen barrierefrei und sicher! Auf dem Innovationsforum zeigt das Team beispielhaft, wie aus einer einzelnen Idee ein ganzes theoretisches Konzept und verschiedene praktische Lösungsansätze werden.
Entwicklungsteam 12: Barrierefreiheit und Inklusion in FabLabs und MakerSpaces – Wie geht das?
Die Hochschule Rhein-Waal und das FabLab Kamp-Lintfort gehen mit gutem Beispiel voran, wenn es um Barrierefreiheit und Inklusion geht. Wie kann man Barrierefreiheit und Inklusion auch in anderen FabLabs und MakerSpaces in Deutschland umsetzen? Was ist notwendig, damit Menschen mit Beeinträchtigung sicher und selbstbestimmt an den Maschinen im FabLab arbeiten können? Wie bekommen wirklich alle Zugang zu Offenen Werkstätten? Und welche weiteren Vorbilder gibt es neben dem FabLab Kamp-Lintfort und dem MakerSpace SELFMADE in Dortmund eigentlich noch?, fragt sich HelpCamps Entwicklungsteam 12 und sammelt auf dem HelpCamps Innovationsforum weitere Lösungsansätze für mehr Inklusion in der Makerszene.
Damit die HelpCamps Entwicklungsteams weiterhin so fleißig und aktiv sein können, sind weitere Interessierte, Mentoren und Netzwerkpartner immer willkommen. Beim Innovationsforum am 2. und 3. März wird zwischen den Vorträgen, Workshops und dem Hackathon genug Zeit bleiben, um sich kennen zu lernen, auszutauschen und gemeinsam Zukunftspläne zu schmieden ─ versprochen!
Eine ganz neue Sicht ─ das nehme ich mit aus dem Praktikum bei HelpCamps
Es ist Abend und ich sitze zu Hause auf meinem Bett. Auch wenn mein Praktikum bei der matrix heute zu Ende gegangen ist, bin ich in Gedanken noch ganz beim Thema – Bei den Aufgaben, die noch zu erledigen sind und bei dem Event, was immer näher rückt. Auch wenn dies nun nicht mehr meine Aufgaben sind und ich ab Montag wieder zurück in die Schule gehe, komme ich nicht vollständig davon los. Wenn ich so darüber nachdenke, wird mir klar, dass mein Praktikum mich in der kurzen Zeit etwas verändert hat.
keiten für das Innovationsforum HelpCamps –
gar nicht so einfach, wenn es um Barriere-
freiheit geht. Foto: HelpCamps
Franziska recherchiert Übernachtungsmöglichkeiten für das Innovationsforum HelpCamps – gar nicht so einfach, wenn es um Barrierefreiheit geht. Foto: HelpCamps
Verändert hat sich vor allem die Sicht auf meine Umwelt und wie ich über Probleme denke. Ich nehme meine Umwelt in meiner Freizeit nun aktiver wahr und bemerke viel schneller Probleme im alltäglichen Leben von beeinträchtigten Menschen. Wenn ich in ein Restaurant gehe, bemerke ich nicht mehr zuerst die schöne Dekoration auf den Tischen, sondern viel früher schon die Rampe im Eingangsbereich, die auch den Rollstuhlfahrern einen schönen Aufenthalt ermöglicht. Dass so eine Rampe und eine behindertengerechte Ausstattung nicht selbstverständlich sind, habe ich in der letzten Woche leider oft merken müssen. Damit es beim Innovationsforum HelpCamps auch genügend Übernachtungsmöglichkeiten gibt, habe ich mit vielen Hotels telefoniert. Oft mussten diese mir jedoch mitteilen, dass sie nicht barrierefrei sind. Vorher hätte ich nicht erwartet, dass es noch in so vielen Bereichen Einschränkungen gibt. Denn eigentlich sollte es in einer Zeit, in der jährlich neue Technologien auf den Markt gebracht werden, doch möglich sein, eine Rampe vor ein Restaurant zu setzen oder ein behindertengerechtes Bad zu bauen.
Doch nur darüber zu schreiben bzw. zu reden, hilft auch nicht weiter. Jeder könnte zumindest einen Teil zur Problemlösung beitragen, indem er oder sie zum HelpCamps-Wochenende Anfang März kommt. Denn dies ist zumindest ein Anfang, diese allgegenwärtigen Probleme zu lösen. Und wer weiß, vielleicht ist die Welt danach für viele Menschen zumindest ein stückweit besser und ihr seht demnächst jemanden auf der Straße, der Dank eurer Zusammenarbeit nun ein Problem weniger hat. Deswegen nutzt die Gelegenheit noch schnell und meldet euch hier an. Dann sehen wir uns am 2. und 3. März hoffentlich beim Innovationsforum HelpCamps in Kamp-Lintfort und arbeiten gemeinsam an Lösungen.
Fleißige HelpCamperin – Franziska berichtet von ihrem HelpCamps-Praktikum
Wir sind alle unterschiedlich, und doch sitzen wir am selben Tisch und haben das gleiche Ziel. Zwei von uns haben eine körperliche Beeinträchtigung, die Anderen nicht. Aber das macht in unserer Runde keinen Unterschied, denn jeder bringt uns durch seine Individualität ein Stück weiter ans Ziel.
Um uns herum wird lautstark an verschieden Projekten gearbeitet und zwischendurch fliegen Blätter durch die Luft. Trotzdem sitzen wir konzentriert zusammen und planen das Event, was in wenigen Wochen hier stattfinden wird. Dann sind wir nicht mehr nur 10 Leute, die hier um einen Tisch sitzen, sondern wohl um die 100. Das wird an der Art wie wir zusammenarbeiten, egal ob beeinträchtigt oder nicht, aber auch nichts ändern. Natürlich fragt man sich jetzt, wo wir uns eigentlich befinden und was das Ziel ist, das ich eben schon so oft erwähnt habe. Eigentlich lässt sich das jetzt gar nicht so einfach auf ein paar Sätze herunterbrechen.
Aber erst mal von vorne, ich bin Franzi, die Praktikantin bei der Firma matrix, und helfe hier innerhalb meines Praktikums beim Projekt HelpCamps mit. Der Tisch, an dem wir grade sitzen, ist natürlich auch nicht einfach irgendwo, sondern mitten in einem FabLab, in dem die Geräte auf Hochtouren laufen. Wenn du genauer wissen möchtest, was in einem FabLab passiert, kannst du hier in diesem Blogartikel noch mal weiterlesen.
Innerhalb der ersten Tage habe ich schon viel von der Organisation mitbekommen. Schon dabei hatte ich die Möglichkeit, mit unterschiedlichen Menschen zusammen zu arbeiten und habe schnell gemerkt, dass ich in einigen Bereichen doch voreingenommener war, als ich dachte. Im Gegensatz zu meinen Erwartungen macht es nämlich keinen Unterschied, ob ich mit Menschen zusammenarbeite, die mit Einschränkungen leben, oder ohne. Wenn wir zusammenkommen und arbeiten, ist es egal und sicherlich auch nicht schwerer, wenn Einzelne eingeschränkt sind oder nicht. Es vereinfacht sogar vieles, da jeder auf Grund seiner Lebensweise eine andere Sichtweise auf das Thema hat.
Aber zurück zu dem Grund, warum wir zusammen sitzen und was wir eigentlich vorhaben. Wir sitzen zusammen, weil wir das anstehende Innovationsforum HelpCamps planen. Am 2. und 3. März, dem Wochenende des HelpCamps, werden viele Menschen zusammenkommen, um zusammen Hilfsmittel für Beeinträchtigte mit Hilfe von 3D-Druckern zu entwerfen. Dass dies nicht nur ein leeres Versprechen ist, sondern wirklich möglich ist, bemerke ich schnell, als ich im FabLab Adrianas selbstgemachte Handprothese entdecke. Ich bin jetzt schon gespannt, welche Ansätze oder vielleicht sogar fertige Hilfsmittel am Ende der Veranstaltung erarbeitet wurden.
Schon in den letzten Tagen haben wir viel Zeit damit verbracht, zu schauen, wen wir noch für unser Projekt begeistern können, da es sicherlich für viele Menschen interessant ist. Ich bin mir sicher, diestrotz der kurzen Zeit, die ich erst hier bin, gut beurteilen zu können, da ich schon viele Eindrücke sammeln konnte. Außerdem habe ich gesehen, wie schön es ist, mit unterschiedlichen Menschen zusammenarbeiten zu können und wie spannend die Arbeit im FabLab ist. An den beiden Tagen wird man diese beiden Aspekte auch noch mit vielen begeisterten Menschen kombinieren können. Ich hoffe, dass auch du dich noch dazu entschließen wirst, an dem Event teilzunehmen, wenn du das nicht eh schon hast. Nun freue ich mich aber erst mal auf die nächste Woche, in der ich sicher wieder viele neue Eindrücke gewinnen kann. Denn es muss noch viel organisiert werden, bevor es in wenigen Wochen losgehen kann. Davon erzähle ich dir gerne in meinem nächsten Blog. Bis dahin mach es gut und denk daran dich hier anzumelden, damit du in 5 Wochen auch mit uns am Tisch sitzen kannst!
Noch mehr Eindrücke von Ihrer ersten Woche hat Franziska im Video festgehalten:
1000 Möglichkeiten in einem Raum – das FabLab der Hochschule Rhein-Waal – Teil 2
„Das FabLab und die Hochschule sind sensibler geworden für die Bedarfe von Menschen mit Beeinträchtigungen“, ist sich Adriana sicher. Es werden nicht nur immer neue Produkte entwickelt, die mehr Inklusion, Teilhabe und persönliches Wohlbefinden ermöglichen, auch die bauliche Barrierefreiheit wächst und das Studienangebot nimmt Menschen mit Beeinträchtigung zunehmend in den Fokus.
sen aus dem FabLab kann man
auch einfach nur Spaß haben.
Foto: HelpCamps
Beim Accessathon sind auf dem Gelände der Hochschule Leitmarken für blinde Menschen entstanden, Türen haben einen neuen kontrastreichen Anstrich bekommen und zu den Türschildern wurde Blindenschrift hinzugefügt. An der Hochschule gibt es überall Aufzüge und vor allem im FabLab reichlich Platz, um sich auch mit dem Elektrorollstuhl problemlos bewegen zu können.
Im Studium gibt es zum Beispiel den Schwerpunkt „Smart Living Assistance“, Intelligente Alltagshilfen, bei dem man sich unter anderem mit barrierefreien Lösungen für den öffentlichen Personennahverkehr beschäftigt. Im Fach „Brain-Computer-Interface“ geht es darum, alternative Arten der Gerätesteuerung für Menschen zu entwickeln, die in ihrer Bewegung stark eingeschränkt sind.
Allen Beteiligten ist dabei der interdisziplinäre Austausch besonders wichtig, also dass sich Studierende, Professor/innen und Unternehmer/innen vieler verschiedener Fachrichtungen und aus allen Teilen der Welt mit dem gleichen Thema auseinandersetzen. Nur so lässt sich ein Problem ganz umfassend betrachten und eine nachhaltige Lösung entwickeln. Deshalb laden die Mitglieder des Allgemeinen studentischen Ausschusses, besser bekannt als AstA, zum Beispiel regelmäßig zum Erfahrungsaustausch ein. „Wie wäre es, wenn du blind wärst? Könntest du dich auf dem Campus orientieren?“ oder „Wie fährt es sich auf dem Campus im Rollstuhl?“ sind Fragen, die sich die Gruppe dann stellt und in Selbstexperimenten miteinander beantwortet.
Das wird auch deutlich, wenn man sich weitere Projekte FabLab Kamp-Lintfort näher anschaut. Im „GreenLab“, einem Labor für Nachhaltigkeit, wird gerade an einem „FabHouse“ gebaut, es gibt Arbeitsgruppen für Drohnentechnologie und die Entwicklung von sogenannter Open Source-Hardware. Dies sind Maschinen, die genau die gleichen Funktionen haben wie die modernen Geräte im FabLab, aber wesentlich günstiger hergestellt werden können. „Auf diese Weise können wir einen Laserschneider, der normalerweise 40.000 Euro kostet, schon für 5.000 Euro produzieren und ihn zum Beispiel an Schulen oder Jugendeinrichtungen ausleihen“, erläutert Adriana Cabrera, warum diese Entwicklungsarbeit so wichtig ist. Aber das ist noch nicht alles – eine weitere Gruppe von unermüdlichen Tüftlern experimentiert gerade mit Keramik-3D-Druck. Sie geht der Frage nach, wie sich natürliche Stoffe im Vergleich zu künstlichen Stoffen beim 3D-Druck verhalten. Hier wird das Handwerk digitalisiert und zugleich eine alte Handwerkstradition bewahrt.
talen Stickmaschine für mehr Teilhabe.
Foto:HelpCamps
Gerade auf dem Vormarsch im FabLab Kamp-Lintfort ist Food-Printing. Damit lassen sich nicht nur abgelaufene Lebensmittel in Filament, also Material für den 3D-Drucker, umwandeln, anstatt dass sie entsorgt werden, sondern auch Medikamente lassen sich mit Lebensmitteln vermischen und in anderer Form als üblich herstellen. So haben es unter anderem Kinder, ältere oder durch Krankheit geschwächte Menschen leichter, täglich ihre Medizin einzunehmen – Wer würde sich nicht eher den Lieblingslutscher schmecken lassen, wenn man krank ist, anstatt eine viel zu große Tablette zu schlucken? Und diejenigen, die nach einem anstrengenden Tag im FabLab nur noch von ihrer Lieblingspraline träumen, machen auf dem Weg nach Hause einfach einen kurzen Halt am Schokoladendrucker.
Hier kann man Teil 1 unseres Berichts über die Aktivitäten im FabLab Kamp-Lintfort lesen.
1000 Möglichkeiten in einem Raum – das FabLab der Hochschule Rhein-Waal
Stell dir vor, es gebe einen Ort, an dem du nicht nur deinen Ideen für neue Produkte freien Lauf lassen kannst, sondern auch noch von zahlreichen Gleichgesinnten dabei unterstützt wirst und modernste Fertigungstechnologien zur Verfügung hast – das ist der Traum eines jeden Makers – und im FabLab der Hochschule Kamp-Lintfort bereits Wirklichkeit.
Im Grunde ist das Fabrication Laboratory, kurz FabLab, an der Hochschule Rhein-Waal eine riesengroße Werkstatt. Gut verteilt auf 600 Quadratmetern Fläche stehen moderne digitale Maschinen wie Laserschneider, Scanner, Fräsen, Sägen – und natürlich 3D-Drucker, der Inbegriff digitaler Fertigung. Mit ihnen lassen sich aus verschiedenen Materialien Modelle sehr präzise und individuell herstellen.
Die Idee des FabLab geht aber noch weiter: FabLabs sind Orte, an denen sich Maker treffen, also Menschen, die lieber selber machen, anstatt andere machen zu lassen. Zusammen setzen sie ihre Ideen für eine gemeinschaftliche, soziale und nachhaltige Gesellschaft in die Tat um. Sie teilen ihr Wissen frei mit anderen Interessierten, denn Maker sind überzeugt, dass mit digitaler Fertigung jeder von uns in der Lage ist, seine Ideen in die Realität umzusetzen.
„Bei einem Seminar bin ich auf FabLabs gestoßen“, erzählt Dr. Martin Kreymann, der Leiter des FabLabs an der Hochschule Rhein-Waal. Er war so begeistert, dass er sich intensiv mit den Laboren, dem 3D-Druck und der Digitalisierung beschäftigt hat. Algorithmen für Rechtsanwälte, 3D-Druck für Hausgerätetechniker und 3D-Scanning für Vermessungsingenieure – immer mehr Berufe und Lebensbereiche sind oder werden künftig digital geprägt sein. Was wäre also besser geeignet als ein FabLab, um die Menschen in diese Welt mitzunehmen?
Mit dieser fixen Idee im Kopf legte Martin Kreymann sich ganz nach Maker-Art ordentlich ins Zeug und im April 2015 wurde das FabLab Kamp-Lintfort offiziell eröffnet. Seitdem können Projekte, die einen Bezug zu Schul- oder Studienthemen haben, professionell umgesetzt werden, aber auch für Projekte, die nichts mit Lehre zu tun haben, ist Platz. Einige von ihnen beschäftigen sich mit der Frage, wie man den Alltag von Menschen mit Beeinträchtigung einfacher gestalten kann.
Adriana Cabrera ist wissenschaftliche Mitarbeiterin des 3D-Kompetenzzentrums Niederrhein, zu dem das FabLab Kamp-Lintfort gehört. Sie ist von Anfang an voll dabei und hat 2016 die FabAcademy absolviert, eine fünfmonatige internationale Ausbildung rund um digitale Fertigung. Dabei hat sie „MyOrthotics“ entwickelt, eine individuell gefertigte interaktive Handorthese. Das Rehabilitations- und Medizintechnik-Unternehmen HODEY hat sie unter anderem dabei unterstützt – und während der Zusammenarbeit begonnen, seine Entwicklungs- und Produktionsprozesse zu modernisieren. Sind zuvor beispielsweise noch Gipsabdrücke verwendet worden, um Orthesen anzupassen, setzt HODEY heute 3D-Scanner dazu ein und tauscht sich mit dem Team des FabLabs immer wieder zu Neuheiten in der Orthopädietechnik-Software aus. So entsteht eine Win-Win-Situation für beide Seiten: die Studierenden lernen von den Profis und die Profis holen sich regelmäßig neue Impulse für kundenorientierte Arbeit.
Im letzten Jahr haben andere Studierende mit und ohne Beeinträchtigung zweimal einen „Accessathon“ im FabLab veranstaltet – mehrere Tage lang trafen sich viele Technikbegeisterte im FabLab, um an schnell umsetzbaren Alltagserleichterungen zu arbeiten.
Gerade arbeiten zwei Studierende im Rahmen eines weiteren Programms, der „Fabricademy“, an Schuheinlagen mit Drucksensoren, um Blasen und Scheuerstellen beim Laufen oder längeren Sitzen zu vermeiden und Einlagen zukünftig individueller an den Fuß des Trägers/der Trägerin anzupassen. All diese Aktivitäten haben Spuren hinterlassen auf dem Campus der Hochschule Rhein-Waal.
Welche genau, berichten wir im zweiten Teil.
HelpCamp-BarCamp: Viele spannende Ideen, jetzt starten die Entwicklungsteams
Eine Sitzheizung für den Elektrorollstuhl aus KFZ-Ersatzteilen oder ein alternativer Blindenstock mit 3D-Sound – das sind nur einige der kreativen Ideen, die beim BarCamp in der Bundesfachschule für Orthopädie-Technik in Dortmund Anfang Dezember entwickelt worden sind. Teilgenommen haben dabei Menschen mit Beeinträchtigung, Maker mit 3D-Druck-Expertise, Orthopädie-Techniker, Hilfsmittelunternehmen sowie weitere Interessierte aus ganz Deutschland.
Einen Tag lang tauschten sich die mehr als 60 Teilnehmenden bei der Auftaktveranstaltung des Projekts „HelpCamps“ in verschiedenen Themenrunden zu Alltagshilfen aus – diese sollten individuell auf einzelne Nutzer zugeschnitten sein und sich mit neuen Technologien wie dem 3D-Druck kostengünstig und einfach produzieren lassen. Weitere Interessierte schalteten sich per Online-Livestream dazu. „Ziel der Veranstaltung ist, dass sich nun Entwicklungsteams für die gesammelten Ideen finden und diese im weiteren Projektverlauf umsetzen“, so Projektleiter Niels Lichtenthäler.
Die Themen der Diskussionen konnten nicht unterschiedlicher sein: Von praktischen schwenkbaren Taschenhaltern am Rollstuhl bis zu Unterstützung in der Freizeitgestaltung. Anastasia Gilz vom HelpCamps-Netzwerkpartner Hochschule Rhein-Waal in Kamp-Lintfort beschäftigte sich mit barrierefreiem Spielzeug, beispielsweise speziellen Kartenhaltern für bewegungseingeschränkte Menschen: „Inklusives Spielzeug kann und muss keine eierlegende Wollmilchsau sein. Das Spielerlebnis sollte im Vordergrund sein und Inklusion kein Selbstzweck“, stellte sie nach der Diskussionsrunde fest. Torsten, der selbst Rollstuhl fährt und umgestaltet, gab den Impuls für einen schwenkbaren Taschenhalter: „Sachen hinterm Rücken rein zu tun ist schwierig, häufig fällt etwas daneben oder man sieht es nicht. Da habe ich gedacht, es wäre cool, wenn es sowas geben würde. Jetzt war ich heute hier und siehe da – läuft!“
Yi-Cong vom Berliner Verein „be able“, einer Organisation, die Design und Behinderung zusammenbringen will, war die Vernetzung vor Ort wichtig. „Ich wollte Menschen kennenlernen, die auch in diesem Bereich arbeiten und Hilfsmittel entwickeln. Und ich wollte verstehen, wo die Probleme liegen, warum man als Mensch mit Einschränkungen nicht unbedingt selbst Hilfsmittel entwickelt.“ Torsten findet: „Es werden nie die Leute gefragt, die es eigentlich angeht. Und das hier ist eine super Möglichkeit, mal andere Leute zu fragen, ob die eigene Idee überhaupt interessant ist.“ Teilnehmerin und Beraterin für Barrierefreiheit, Viola Steinbeck, fasst die Stimmung auf dem BarCamp zusammen: „Ich fand die Idee für das BarCamp-Thema grandios. Ich habe den Eindruck, dass damit genau der richtige Nerv getroffen wurde, die Atmosphäre und der Umgang miteinander waren sehr schön. Die Quintessenz ist: selber machen, basteln, organisieren. Machen statt quatschen.“
Wie geht’s weiter?
Beim „HelpCamp“ am 9. Dezember standen vor allem Probleme im Alltagsleben mit Behinderung.
im Fokus. In den einzelnen Sessions sind bereits viele Ideen und Lösungsansätze entstanden. Diese sollen in den kommenden Monaten in mehreren Entwicklungsteams, die sich beim BarCamp gefunden haben, weiterentwickelt werden. Am 2. und 3. März 2018 findet das darauffolgende HelpCamps-Innovationsforum statt. Hier werden die einzelnen Entwicklungsgruppen, die sich im Laufe des HelpCamp zusammengefunden haben, ihre bis dahin entwickelten Prototypen, Geschäftsmodelle und Innovationskonzepte bei einer Konferenz einer breiten Öffentlichkeit präsentieren.
Projektleiter Niels Lichtenthäler von der Beratungsfirma matrix, die das Projekt umsetzt freut sich schon auf die nächsten drei Monate bis zum Innovationsforum: „Jetzt geht die Arbeit erst richtig los! Wir setzen nun alles daran, die Entwicklungsgruppen und kreativen Köpfe bei der Realisation ihrer jeweiligen Vorhaben mit Know-how und Netzwerkarbeit individuell zu unterstützen und werden die Teams auf ihrem Weg medial begleiten.“
Lust mitzumachen? Engagierte & kreative Köpfe gesucht!
Eine Übersicht aller Entwicklungsteams und Themen ist zu finden unter:
helpcamps.de/entwicklungsteams/