Stell dir vor, es gebe einen Ort, an dem du nicht nur deinen Ideen für neue Produkte freien Lauf lassen kannst, sondern auch noch von zahlreichen Gleichgesinnten dabei unterstützt wirst und modernste Fertigungstechnologien zur Verfügung hast – das ist der Traum eines jeden Makers – und im FabLab der Hochschule Kamp-Lintfort bereits Wirklichkeit.

Im Grunde ist das Fabrication Laboratory, kurz FabLab, an der Hochschule Rhein-Waal eine riesengroße Werkstatt. Gut verteilt auf 600 Quadratmetern Fläche stehen moderne digitale Maschinen wie Laserschneider, Scanner, Fräsen, Sägen – und natürlich 3D-Drucker, der Inbegriff digitaler Fertigung. Mit ihnen lassen sich aus verschiedenen Materialien Modelle sehr präzise und individuell herstellen.
Die Idee des FabLab geht aber noch weiter: FabLabs sind Orte, an denen sich Maker treffen, also Menschen, die lieber selber machen, anstatt andere machen zu lassen. Zusammen setzen sie ihre Ideen für eine gemeinschaftliche, soziale und nachhaltige Gesellschaft in die Tat um. Sie teilen ihr Wissen frei mit anderen Interessierten, denn Maker sind überzeugt, dass mit digitaler Fertigung jeder von uns in der Lage ist, seine Ideen in die Realität umzusetzen.
„Bei einem Seminar bin ich auf FabLabs gestoßen“, erzählt Dr. Martin Kreymann, der Leiter des FabLabs an der Hochschule Rhein-Waal. Er war so begeistert, dass er sich intensiv mit den Laboren, dem 3D-Druck und der Digitalisierung beschäftigt hat. Algorithmen für Rechtsanwälte, 3D-Druck für Hausgerätetechniker und 3D-Scanning für Vermessungsingenieure – immer mehr Berufe und Lebensbereiche sind oder werden künftig digital geprägt sein. Was wäre also besser geeignet als ein FabLab, um die Menschen in diese Welt mitzunehmen?
Mit dieser fixen Idee im Kopf legte Martin Kreymann sich ganz nach Maker-Art ordentlich ins Zeug und im April 2015 wurde das FabLab Kamp-Lintfort offiziell eröffnet. Seitdem können Projekte, die einen Bezug zu Schul- oder Studienthemen haben, professionell umgesetzt werden, aber auch für Projekte, die nichts mit Lehre zu tun haben, ist Platz. Einige von ihnen beschäftigen sich mit der Frage, wie man den Alltag von Menschen mit Beeinträchtigung einfacher gestalten kann.

Adriana Cabrera ist wissenschaftliche Mitarbeiterin des 3D-Kompetenzzentrums Niederrhein, zu dem das FabLab Kamp-Lintfort gehört. Sie ist von Anfang an voll dabei und hat 2016 die FabAcademy absolviert, eine fünfmonatige internationale Ausbildung rund um digitale Fertigung. Dabei hat sie „MyOrthotics“ entwickelt, eine individuell gefertigte interaktive Handorthese. Das Rehabilitations- und Medizintechnik-Unternehmen HODEY hat sie unter anderem dabei unterstützt – und während der Zusammenarbeit begonnen, seine Entwicklungs- und Produktionsprozesse zu modernisieren. Sind zuvor beispielsweise noch Gipsabdrücke verwendet worden, um Orthesen anzupassen, setzt HODEY heute 3D-Scanner dazu ein und tauscht sich mit dem Team des FabLabs immer wieder zu Neuheiten in der Orthopädietechnik-Software aus. So entsteht eine Win-Win-Situation für beide Seiten: die Studierenden lernen von den Profis und die Profis holen sich regelmäßig neue Impulse für kundenorientierte Arbeit.

Im letzten Jahr haben andere Studierende mit und ohne Beeinträchtigung zweimal einen „Accessathon“ im FabLab veranstaltet – mehrere Tage lang trafen sich viele Technikbegeisterte im FabLab, um an schnell umsetzbaren Alltagserleichterungen zu arbeiten.
Gerade arbeiten zwei Studierende im Rahmen eines weiteren Programms, der „Fabricademy“, an Schuheinlagen mit Drucksensoren, um Blasen und Scheuerstellen beim Laufen oder längeren Sitzen zu vermeiden und Einlagen zukünftig individueller an den Fuß des Trägers/der Trägerin anzupassen. All diese Aktivitäten haben Spuren hinterlassen auf dem Campus der Hochschule Rhein-Waal.
Welche genau, berichten wir im zweiten Teil.